Zweiphasige Zahnspangensysteme
Zweiphasige Zahnspangensysteme sind eine kieferorthopädische Behandlungsmethode, die in zwei unterschiedlichen Phasen durchgeführt wird, um Zahnfehlstellungen und Kieferanomalien zu korrigieren. Diese Methode kommt insbesondere bei Kindern und Jugendlichen zum Einsatz, deren Kieferwachstum noch nicht abgeschlossen ist. Der Einsatz eines zweiphasigen Systems ermöglicht eine frühzeitige Behandlung von strukturellen Problemen, während das Wachstum des Kiefers noch aktiv genutzt werden kann. Dieser Beitrag beleuchtet den Ablauf einer zweiphasigen Behandlung, die Funktionsweise der Systeme und deren Vorteile.
Was sind zweiphasige Zahnspangensysteme?
Zweiphasige Zahnspangensysteme bestehen aus zwei Behandlungsphasen, die nacheinander durchgeführt werden. Sie zielen darauf ab, sowohl funktionale als auch ästhetische Aspekte der Zahn- und Kieferentwicklung zu korrigieren. Diese Methode ist besonders effektiv, um schwerwiegende Zahnfehlstellungen und Kieferanomalien in jungen Jahren zu behandeln, bevor diese sich weiter verschlechtern und eine aufwendigere Behandlung erfordern.
Phase 1: Frühbehandlung
Die erste Phase der Behandlung beginnt in der Regel im Alter von 6 bis 9 Jahren, wenn der Kiefer und die Gesichtsknochen noch im Wachstum sind. In dieser Phase liegt der Fokus auf der Korrektur von Fehlstellungen, die den normalen Zahndurchbruch oder das Kieferwachstum behindern könnten. Zudem werden ungünstige Kieferpositionen korrigiert.
– Ziele der Phase 1:
– Förderung eines gesunden Kieferwachstums
– Platzschaffung für die bleibenden Zähne
– Vermeidung schwerer Fehlstellungen
– Korrektur von Funktionsstörungen, z. B. Kreuzbiss oder Vorbiss
- Mögliche Behandlungsgeräte: In Phase 1 kommen häufig lose oder festsitzende Geräte zum Einsatz, wie herausnehmbare Zahnspangen, Kopf-Kinn-Kappen oder Gaumennahterweiterungen (Palatinalexpanderschrauben).
Phase 2: Hauptbehandlung
Die zweite Phase erfolgt nach Abschluss der ersten Phase, in der Regel im Alter von 11 bis 14 Jahren, wenn alle bleibenden Zähne durchgebrochen sind. Die Phase 2 konzentriert sich auf die endgültige Ausrichtung der Zähne und die Stabilisierung des Bisses.
– Ziele der Phase 2:
– Endgültige Korrektur der Zahnstellung
– Perfektionierung des Bisses
– Sicherstellung einer langfristigen Stabilität der Ergebnisse
- Mögliche Behandlungsgeräte: In dieser Phase werden meist festsitzende Zahnspangen (Brackets) verwendet, um die Zähne in ihre endgültige Position zu bringen. Auch unsichtbare oder durchsichtige Aligner-Systeme wie Invisalign können in dieser Phase zum Einsatz kommen.
Ablauf der zweiphasigen Behandlung
Eine zweiphasige kieferorthopädische Behandlung folgt einem klar strukturierten Ablauf, der sich über mehrere Jahre erstrecken kann. Hier sind die wichtigsten Schritte des Prozesses:
1. Erstuntersuchung und Planung
Die Behandlung beginnt mit einer umfassenden Untersuchung durch den Kieferorthopäden. Es werden Röntgenbilder, Modelle und Abdrücke der Zähne erstellt, um den Zustand der Zähne und des Kiefers genau zu analysieren. Anhand dieser Diagnosen erstellt der Kieferorthopäde einen individuellen Behandlungsplan.
- Ziel: Ermittlung des Bedarfs für eine zweiphasige Behandlung und Festlegung der geeigneten Behandlungsgeräte.
2. Phase 1: Frühbehandlung
Sobald der Behandlungsplan erstellt ist, beginnt die erste Phase. Diese dauert in der Regel zwischen 9 und 12 Monaten, abhängig von der Schwere der Fehlstellung und der Wachstumsrate des Kindes. Hierbei können festsitzende oder herausnehmbare Zahnspangen oder andere Geräte verwendet werden, um die Kieferentwicklung zu lenken und Platz für die bleibenden Zähne zu schaffen.
- Regelmäßige Kontrolltermine: Der Fortschritt wird regelmäßig überprüft, und die Behandlungsgeräte werden je nach Bedarf angepasst.
3. Ruhephase
Nach der ersten Phase folgt eine Ruhephase, in der keine aktive Behandlung stattfindet. In dieser Zeit wird das Kieferwachstum weiterhin beobachtet, während die bleibenden Zähne durchbrechen. Diese Ruhephase kann zwischen einigen Monaten und bis zu mehreren Jahren dauern.
- Ziel: Sicherstellen, dass die in Phase 1 erzielten Verbesserungen stabil bleiben, während sich die bleibenden Zähne richtig positionieren.
4. Phase 2: Hauptbehandlung
Sobald alle bleibenden Zähne vorhanden sind, beginnt die zweite Phase der Behandlung. Diese Phase dauert meist 12 bis 24 Monate, abhängig von der Komplexität der Zahnstellungskorrektur. In dieser Phase werden festsitzende Zahnspangen verwendet, um die Zähne in die optimale Position zu bringen und den Biss zu stabilisieren.
- Regelmäßige Anpassungen: Während der zweiten Phase finden regelmäßige Kontrolltermine statt, um die Zahnspange anzupassen und den Fortschritt zu überwachen.
5. Retention
Nach Abschluss der zweiten Phase folgt die Retentionsphase, in der Retentionsgeräte (Retainer) eingesetzt werden, um die Zähne in ihrer neuen Position zu stabilisieren. Dies ist ein entscheidender Schritt, um ein Zurückwandern der Zähne in ihre ursprüngliche Fehlstellung zu verhindern.
- Ziel: Langfristige Stabilität der Ergebnisse sicherstellen.
Vorteile zweiphasiger Zahnspangensysteme
Zweiphasige Zahnspangensysteme bieten gegenüber einer rein späten Behandlung im Teenager- oder Erwachsenenalter verschiedene Vorteile:
1. Frühe Intervention
Durch die frühzeitige Behandlung während des Wachstums kann der Kieferorthopäde das natürliche Wachstum des Kiefers nutzen, um schwerwiegende Fehlstellungen zu vermeiden. Das kann die Notwendigkeit aufwendigerer Eingriffe wie Zahnextraktionen oder Operationen im späteren Verlauf der Behandlung reduzieren.
2. Optimale Platzierung der Zähne
In Phase 1 wird Platz für die bleibenden Zähne geschaffen, sodass sie sich von Anfang an korrekt ausrichten können. Dies erleichtert die spätere Hauptbehandlung und reduziert oft die Behandlungsdauer in Phase 2.
3. Vermeidung schwerwiegender Kieferprobleme
Durch die Korrektur von Kieferfehlstellungen (z. B. Kreuzbiss, Vorbiss oder offener Biss) in einem frühen Stadium kann die zweiphasige Behandlung spätere Probleme mit der Funktion des Kiefers oder ästhetische Beeinträchtigungen verhindern.
4. Geringeres Risiko von Zahnextraktionen
Bei einer späten Behandlung kann es notwendig sein, bleibende Zähne zu entfernen, um Platz für die anderen Zähne zu schaffen. Durch die frühzeitige Steuerung des Kieferwachstums und die Platzschaffung in Phase 1 kann die Notwendigkeit von Zahnextraktionen oft vermieden werden.
5. Langfristige Stabilität
Durch die Kombination von Kieferkorrektur in Phase 1 und Zahnkorrektur in Phase 2 wird ein optimales und langfristig stabiles Ergebnis erzielt, was das Risiko eines Rückfalls minimiert.
Wann sind zweiphasige Zahnspangensysteme sinnvoll?
Zweiphasige Zahnspangensysteme sind nicht für alle Patienten notwendig. Sie sind besonders hilfreich bei Kindern, die an bestimmten Kieferanomalien oder Fehlstellungen leiden, die eine frühzeitige Intervention erfordern. Dazu gehören:
- Schwere Kieferfehlstellungen wie Vorbiss oder Rückbiss
- Kreuzbiss, bei dem der Oberkiefer schmaler als der Unterkiefer ist
- Zahnfehlstellungen, die das Wachstum und den Durchbruch der bleibenden Zähne behindern
- Funktionsstörungen des Kiefers, die zu Schmerzen oder Schwierigkeiten beim Kauen führen
Fazit
Zweiphasige Zahnspangensysteme sind eine effektive Methode zur Behandlung komplexer Zahn- und Kieferfehlstellungen bei Kindern und Jugendlichen. Durch die Kombination von Kieferkorrektur in der ersten Phase und Zahnausrichtung in der zweiten Phase kann das natürliche Wachstum des Kiefers genutzt werden, um dauerhafte und stabile Ergebnisse zu erzielen. Die zweiphasige Behandlung reduziert nicht nur die Notwendigkeit aufwendiger Eingriffe im späteren Alter, sondern sorgt auch für eine optimale Zahnstellung und ein gesundes Kieferwachstum.