Versiegelungstechniken für Zähne
Die Versiegelung von Zähnen ist ein bewährtes Verfahren in der Präventionszahnmedizin, um Karies auf schwer zugänglichen Zahnoberflächen vorzubeugen. Insbesondere Fissuren und Grübchen auf den Kauflächen der Backenzähne sind anfällig für die Ansiedlung kariogener Bakterien. Durch die Anwendung geeigneter Versiegelungstechniken lassen sich diese Bereiche effektiv schützen und das Kariesrisiko signifikant reduzieren.
Zahnversiegelungen sind nicht nur im Kindes- und Jugendalter sinnvoll, sondern auch bei Erwachsenen mit erhöhtem Kariesrisiko. Die Technik hat sich als kosteneffizient, schmerzfrei und langzeitwirksam erwiesen und ist fester Bestandteil moderner Individualprophylaxe.
Indikationen und Zielgruppen
Die Hauptindikation für eine Versiegelung ist die Prävention von Fissurenkaries, insbesondere an den bleibenden Molaren. Weitere Anwendungsgebiete umfassen:
- Tief gefurchte Fissuren und Grübchen bei Kindern und Jugendlichen
- Anfangsstadien nicht-kavitierter Karies (Non-cavitated Lesions)
- Kariesanfällige Patienten mit schlechter Mundhygiene
- Träger von kieferorthopädischen Apparaturen
- Erwachsene mit exponierten Zahnhälsen oder neu durchgebrochenen Molaren
Entscheidend ist eine individuelle Risikoabschätzung, bei der Zahnbefund, Mundhygienestatus, Ernährungsverhalten und Fluoridversorgung berücksichtigt werden.
Ziele und Wirkweise
Ziel der Zahnversiegelung ist es, Retentionsstellen auf der Zahnoberfläche zu glätten und somit die Ansiedlung von Plaque zu erschweren. Durch das Auftragen eines flüssigen, aushärtenden Materials werden Fissuren physikalisch verschlossen, was eine Remineralisierung erleichtert und bakterielle Stoffwechselprozesse hemmt.
Der Wirkmechanismus basiert primär auf dem Schutz vor Substratkontakt: Ohne Kohlenhydrateintrag verlieren Kariesbakterien ihre Grundlage – die Entstehung von Demineralisierung wird unterbrochen oder verhindert.
Materialien zur Zahnversiegelung
Zur Versiegelung kommen hauptsächlich zwei Materialgruppen zum Einsatz:
- Kunststoffbasierte Fissurenversiegler (Resin-based Sealants)
Diese Materialien bestehen aus lichthärtendem Komposit mit niedriger Viskosität. Sie zeichnen sich durch gute Haftung und lange Haltbarkeit aus. Einige Varianten enthalten zusätzlich Fluorid zur Unterstützung der Remineralisierung.
- Glasionomerzemente (GIZ)
Diese chemisch härtenden Materialien eignen sich besonders für schwierige klinische Situationen (z. B. bei erhöhter Feuchtigkeit). Sie setzen Fluorid frei, sind aber weniger abriebfest als Kunststoffe und gelten eher als temporäre Lösung.
In jüngerer Zeit sind Hybridmaterialien auf den Markt gekommen, die Vorteile beider Systeme kombinieren sollen – etwa kunststoffmodifizierte GIZ (Compomere).
Versiegelungstechniken im Überblick
Vorgehensweise in der klinischen Anwendung
Ein zentrales Kapitel in der Versiegelungspraxis beschreibt die standardisierte Durchführung:
- Reinigung der Zahnoberfläche
Gründliche Entfernung von Plaque und Debris, meist mit Polierpaste und rotierender Bürste.
- Trocknung und Isolation
Absolute Trockenheit ist entscheidend – mit Watterollen, Speichelsauger oder Kofferdam.
- Konditionierung mit Ätzgel (bei Kompositmaterialien)
Anwendung von Phosphorsäure zur Schmelzvorbehandlung (ca. 30 Sekunden), um Mikroretentionen zu erzeugen.
- Spülen und erneute Trocknung
Rückstandsfreies Entfernen des Ätzgels und gründliches Trocknen – die Oberfläche muss kreideweiß erscheinen.
- Applikation des Versiegelungsmaterials
Sorgfältiges Einbringen in alle Fissuren mit Pinsel oder Applikatorspitze.
- Lichthärtung (bei Resin-basierten Materialien)
Aushärtung mit Polymerisationslampe gemäß Herstellerangaben.
- Okklusionskontrolle und Korrektur
Überprüfung der Bissverhältnisse und ggf. Abtragen überschüssigen Materials mit feinem Diamantinstrument.
- Politur und Fluoridierung
Glättung der Oberfläche und abschließender Schutz mit Fluoridgel.
Dieses Vorgehen gewährleistet eine optimale Haftung und Langzeitstabilität der Versiegelung.
Qualitätskontrolle und Nachsorge
Eine Versiegelung ist nur dann wirksam, wenn sie regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf erneuert oder ergänzt wird. Empfohlen werden:
- Kontrolle bei jeder zahnärztlichen Untersuchung
- Dokumentation der Versiegelungsqualität
- Erneuerung bei Abrieb, Teilverlust oder Randspaltbildung
- Kombination mit professioneller Zahnreinigung und individueller Prophylaxe
Eine gute Patientenaufklärung und Einbindung in ein Recall-System erhöhen die Langlebigkeit und Wirksamkeit der Maßnahme.
Wirksamkeit und Studienlage
Zahlreiche Langzeitstudien belegen die Wirksamkeit von Fissurenversiegelungen:
- Bei vollständiger Versiegelung liegt die Kariespräventionseffizienz bei bis zu 80 %.
- Resin-basierte Materialien zeigen deutlich längere Retentionsraten als Glasionomere.
- Der kariespräventive Effekt ist am höchsten, wenn die Versiegelung innerhalb von 1–2 Jahren nach Zahndurchbruch erfolgt.
Auch sogenannte präventive Versiegelungen auf initial kariösen Läsionen zeigen gute Ergebnisse – sofern keine Kavitation vorliegt und eine regelmäßige Kontrolle erfolgt.
Kostenübernahme und gesundheitspolitische Relevanz
In Deutschland übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Versiegelung der bleibenden Molaren (Zähne 6 und 7) bei Kindern und Jugendlichen zwischen dem 6. und 18. Lebensjahr. Private Zusatzversicherungen oder Eigenleistungen können weitere Maßnahmen abdecken – etwa bei Prämolaren oder Erwachsenen.
Die Maßnahme gilt als wirtschaftlich sinnvoll und wird von zahnärztlichen Fachgesellschaften (z. B. DGZMK) empfohlen. In Aufklärungsprogrammen zur Individualprophylaxe nimmt sie einen festen Stellenwert ein.
Fazit
Versiegelungstechniken für Zähne sind ein bewährter Bestandteil präventiver Zahnmedizin. Sie schützen besonders gefährdete Kauflächen vor Karies, sind wissenschaftlich gut belegt und bei korrekter Durchführung hocheffektiv. Moderne Materialien und strukturierte Vorgehensweisen ermöglichen eine sichere, minimalinvasive und wirtschaftliche Maßnahme – mit nachhaltigem Nutzen für die Mundgesundheit.