Zahnärztliche Rechtsfragen
Zahnärztliche Tätigkeit ist nicht nur medizinisch, sondern auch rechtlich anspruchsvoll. Täglich sind Entscheidungen zu treffen, die neben fachlicher auch juristische Relevanz haben – etwa im Umgang mit Aufklärung, Einwilligung, Haftung, Dokumentation, Datenschutz oder Abrechnung. Verstöße gegen rechtliche Vorgaben können zivilrechtliche, strafrechtliche oder berufsrechtliche Folgen nach sich ziehen.
Ein solides Verständnis grundlegender Rechtsfragen ist daher für Zahnärztinnen und Zahnärzte unerlässlich, um die eigene Tätigkeit abzusichern, die Patientenrechte zu wahren und rechtssicher zu handeln.
Grundlegende Rechtsbereiche
Die wichtigsten Rechtsbereiche in der Zahnmedizin sind:
- Zivilrecht: insbesondere Behandlungsvertrag, Haftungsrecht, Schadensersatz
- Strafrecht: z. B. Körperverletzung (§ 223 StGB), Abrechnungsbetrug (§ 263 StGB), Verstoß gegen Schweigepflicht (§ 203 StGB)
- Berufsrecht: geregelt über die Heilberufsgesetze der Länder und die Berufsordnungen der Zahnärztekammern
- Sozialrecht: insbesondere SGB V (gesetzliche Krankenversicherung), Kassenabrechnung
- Medizinprodukterecht und Hygienerecht
- Datenschutzrecht (DSGVO, BDSG)
Diese Bereiche greifen oft ineinander und betreffen nahezu alle Aspekte des zahnärztlichen Arbeitsalltags – von der Behandlung über die Praxisorganisation bis zur Kommunikation mit Dritten.
Typische rechtliche Fragestellungen in der Zahnarztpraxis
In der täglichen Praxis treten immer wieder rechtlich relevante Situationen auf, z. B.:
- Wie ausführlich muss die Aufklärung bei komplexen Eingriffen sein?
- Wer darf im Vertretungsfall Behandlungen übernehmen?
- Wann liegt ein Behandlungsfehler mit Haftungsfolge vor?
- Welche Daten dürfen an Labore oder Kooperationspartner übermittelt werden?
- Wie müssen Befunde und Behandlungsverläufe dokumentiert sein?
- Darf eine Behandlung verweigert werden – und wenn ja, unter welchen Bedingungen?
- Was ist bei minderjährigen oder nicht einwilligungsfähigen Patientinnen zu beachten?
Diese und ähnliche Fragen lassen sich nur auf Basis fundierter Rechtskenntnisse sicher beantworten. Die Einbindung juristischer Fachberatung (z. B. über Kammern, Versicherungen, Fachanwälte) ist in Zweifelsfällen zu empfehlen.
Aufklärung und Einwilligung
Zahnärztliche Behandlungen setzen die informierte Einwilligung der Patientin oder des Patienten voraus. Diese basiert auf einer vorherigen Aufklärung, die folgende Punkte umfassen muss:
- Art und Umfang der Maßnahme
- mögliche Risiken und Nebenwirkungen
- Behandlungsalternativen
- Folgen bei Unterlassung
- ggf. wirtschaftliche Aufklärung bei Privatleistungen
Die Aufklärung muss verständlich, rechtzeitig und dokumentiert erfolgen. Bei invasiven oder kostenintensiven Eingriffen empfiehlt sich die schriftliche Einwilligung.
Haftung und Behandlungsfehler
Zahnärztinnen haften für Schäden, die durch einen Verstoß gegen medizinische Sorgfaltspflichten entstehen. Dies betrifft insbesondere:
- Diagnosefehler
- unzureichende Aufklärung
- Dokumentationsmängel
- therapeutische Fehlentscheidungen
- mangelhafte Ausführung oder Überwachung
Im Schadensfall muss nachgewiesen werden, dass ein Behandlungsfehler vorliegt und dieser kausal zum Schaden geführt hat. Eine gute Dokumentation und eine Berufshaftpflichtversicherung sind essenziell zur Absicherung.
Schweigepflicht und Datenschutz
Zahnärztinnen unterliegen der gesetzlichen Schweigepflicht (§ 203 StGB). Gesundheitsdaten dürfen nur mit Einwilligung oder gesetzlicher Grundlage an Dritte weitergegeben werden.
Ergänzend gelten die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO):
- Informationspflicht bei Datenerhebung
- Rechte auf Auskunft, Berichtigung und Löschung
- technische und organisatorische Schutzmaßnahmen
- Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten
- ggf. Benennung eines Datenschutzbeauftragten
Verstöße können mit Bußgeldern geahndet werden und erfordern daher höchste Sorgfalt.
Berufsrechtliche Pflichten
Die Berufsordnungen der Zahnärztekammern regeln u. a.:
- Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung
- Fortbildungspflicht
- Wahrung der Schweigepflicht und Kollegialität
- Einhaltung der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht
- Regeln für Werbung und Außendarstellung
Verstöße können berufsrechtliche Maßnahmen wie Verwarnungen, Geldbußen oder im Extremfall die Zulassungsentziehung zur Folge haben.
Abrechnung und Sozialrecht
Bei der Abrechnung mit gesetzlichen Krankenkassen gelten die Vorgaben des SGB V sowie der BEMA-Katalog. Private Leistungen unterliegen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ).
Fehlabrechnungen – ob vorsätzlich oder fahrlässig – können straf- und zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Plausibilitätsprüfung durch KZVen, Honorarregresse oder Anzeige wegen Abrechnungsbetrugs sind mögliche Folgen.
Auch beim Erstellen von Heil- und Kostenplänen, privaten Vereinbarungen und Rechnungen ist juristische Genauigkeit erforderlich.
Kooperationen und Arbeitsverhältnisse
In rechtlicher Hinsicht sind auch Kooperationsformen (z. B. BAG, MVZ, Überweiserverhältnisse) und Arbeitsverträge mit angestellten Zahnärztinnen relevant. Hier spielen Fragen der Weisungsbefugnis, Haftungsverteilung, Umsatzbeteiligung und Vertragsgestaltung eine wichtige Rolle.
Auch bei der Delegation von Leistungen an ZFA, DH oder ZMP ist auf gesetzliche und berufsrechtliche Grenzen zu achten.
Fazit
Zahnärztliche Rechtsfragen sind ein unverzichtbarer Bestandteil des Praxisalltags. Sie betreffen nahezu alle Bereiche der Berufsausübung – von der Aufklärung über die Behandlung bis zur Abrechnung. Ein sicherer Umgang mit rechtlichen Grundlagen schützt nicht nur vor juristischen Konsequenzen, sondern stärkt auch das Vertrauen der Patientinnen und sichert die Qualität der Versorgung. Die regelmäßige Auseinandersetzung mit relevanten Rechtsvorschriften sowie der Austausch mit Fachjuristinnen sind daher essenziell.